Zu viele ...

drängende Themen? Zu viele Geschehnisse mit denen man sich befassen sollte … zu welchen man eine Meinung haben sollte? Abbiegen. Abtauchen. Abfahren. Abklären. Trotz hochtrainierter Selbsteffizienz ist das Pensum zur Sichtung einprasselnder Ereignisse kaum bewältigbar. So heißt es.

Aber jetzt mal ehrlich: Ist es so schwer vorstellbar, dass wir künftig Antworten dafür finden werden müssen, weshalb wir uns verhielten wie wir uns heute verhalten? Haben wir keine Chance das Offensichtliche zu sehen? Vielleicht werden wir erklären, wie kompliziert und unübersichtlich alles war?! Oder es hat sich das vermeintlich Richtige leider doch als falsch erwiesen?! Oder wir stellen fest, dass wir getäuscht wurden?! Könnten damit jene Situationen beschrieben werden, die unsere heutige Zeit treffend skizzieren? Sind wir tatsächlich gefangen in einem Dickicht undurchdringlicher und überwuchernder Informationsberge

Wird es nicht eher den Gegebenheiten entsprechen, um zu sagen …

... wir wussten es.

Dafür braucht man nicht „Experte für alles“ zu sein. Es geht um das redliche Bemühen das notwendige Wissen und die notwendigen Informationen zu erlangen, um der Realität möglichst nahe zu kommen. Die Signale und Zeichen sind mannigfach, um aufmerksam zu sein und genauer hinzusehen.

Beispielsweise hat uns die Corona-Krise gezeigt, wie weit Maßnahmen gehen können, um zumindest vom Großteil der Bevölkerung mitgetragen zu werden. Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Virus waren bei weitem nicht so gefestigt, wie jene für den Klimawandel. Aber dennoch: Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise kommen kaum vom Fleck. Positiv ausgedrückt „Für Pessimismus ist es zu spät“ (Helga Kromp-Kolb 2023: 129f). Da wir erlebt haben, was im Falle gesundheitlicher und gesellschaftlicher Herausforderungen im Bereich des Möglichen liegt, sollte uns unterlassenes Handeln zur Bewältigung der Klimakrise aufmerksam machen.

Ein anderes Beispiel: Gleichgültig wie man zu den Inhalten der geplanten und bei der Verabschiedung der beinahe gescheiterten Lieferkettenrichtlinie der EU steht, es geht einmal mehr um die Schwächung liberal-demokratischer Prozesse. Wenn nach mehr als zwei Jahren Verhandlung und unzählbaren Bausteinen zur Kompromissfindungen, der parlamentarische Trilog zwischen Europäischen Parlament, Kommission und Rat ebenfalls erfolgreich absolviert wird, dann ist es beunruhigend,

wenn der abschließende Formal-Akt im EU Rat scheitert. Wenn für kurzfristig opportune Zweckbündnisse ein Beitrag zur Demontage europäischer Rechtstaatlichkeit geleistet wird, dann ist dies ein Anlass, um die Häufung solcher Ereignisse zu beobachten.

Oder sehen wir hier genauer hin: Geht uns das notwendige Maß für ein Miteinander verloren? Wie gespalten ist unsere Gesellschaft? Am 3. März 2024 fand vor dem Hintergrund dieser Frage im Rahmen der Reihe „Europa im Diskurs – Debating Europe“ ein hochkarätig besetztes Diskussionspanel im Burgtheater statt. Bereits die irreführende Behauptung einer Spaltung kann fatale Wirkung zeigen. Das Gegenbild zur Spaltung ist Streit. Eine moderne Gesellschaft soll und darf auch eine Streitgesellschaft sein. Und tatsächlich gibt es viel Dissens. Aber nicht die Inhalte sind das Problem, sondern die Unversöhnlichkeit zwischen den Menschen. Die Bewahrung von Augenmaß und ein geschärfter Blick auf Alarmzeichen standen im Mittelpunkt des Diskurses.

Es geht um kein Lamento. Jeder trägt für sich, politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Verantwortung. Dazu zählt auch die Bereitschaft nach Maßgabe der eigenen Möglichkeiten dafür einzutreten. Solange die gemeinsame Richtung stimmt, mag die Stimme des/der einzelnen nicht hörbar sein. Blicken wir jedoch nach vorne. Es könnte jetzt der richtige Zeitpunkt sein, um ein „Stimmtraining“ aufzunehmen. 

Worauf warten wir noch? Wandel, Transformation, die einzige Konstante ist Veränderung … wir kennen diese Aussage. Was sie bedeutet haben wir bereits in den letzten Jahren erlebt. Es liegen längst genug Fakten am Tisch. Es ist absehbar, in welche gewünschte oder auch ungewünschte Richtung die Reise gehen kann. Auf regionaler, europäischer oder globaler Ebene. In politischer, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Sicht. 

Rückblick im Vorausblick

Wir haben den moralischen Kompass in uns. Wir erkennen, wenn rote Linien überschritten werden. … Wir wissen es.